Zu diesem Buch:
Einen neuen Roman in die Hand zu nehmen, um diesen auch zu lesen, ist
allein ein Abenteuer für sich. Noch weiß der Leser nicht, ob das von ihm
gewählte Buch auch seinen Erwartungen und Vorstellungen entspricht, ob
er dieses vor Spannung nicht mehr aus der Hand legen will oder ob er
sich bereits nach den ersten Seiten zu Tode langweilt.
Für
den Roman ›Stadt ohne Licht‹ trifft auf jeden Fall das
Erstgenannte zu. Schon der Aufbau des Buches ist überaus interessant: In
der Geschichte selbst wird eine Geschichte erzählt.
Die
Hauptakteurin der Rahmenhandlung ist Marie, das französische
Kindermädchen. Während der Sommerferien bleibt sie mit Pascal, Thierry
und deren drei Freunden allein in der großen Villa. Aus Langeweile
bitten die Jungen sie, eine Geschichte zu erzählen – die Saga der
Familie Leon.
Unweigerlich werden nicht nur die Kinder in den Strudel des Geschehens
gerissen, auch dem Leser ergeht es nicht anders. Maries Erzählung führt
einen jeden in einen wahren Sog von Leidenschaft und Sex, von Intrigen,
Hass und Mord. Selbst die tiefsten Abgründe menschlichen Handelns, so
der sexuelle Missbrauch von Kindern, bleiben in der Saga nicht außer
acht. Welch tiefe Wunden zurückbleiben und welche Probleme sich
zukünftig daraus für die Betroffenen ergeben, kommt in ihrer Erzählung
ebenso deutlich zum Ausdruck. Aber auch die tiefe und aufrechte Liebe,
die über das Böse siegt, spielt in ihrer Geschichte eine entscheidende
Rolle.
Dem
Autor Marc Lin gelingt es in einer besonderen Art und Weise, den Leser
durch diese Familiensaga zu führen, ohne auch nur für kurze Zeit
Langeweile aufkommen zu lassen. Beim Lesen dieses Buches bleibt man
selbst von all den Gefühlen nicht verschont: überschäumende Freude und
Bangen, Zorn, Unverständnis und jede Menge Tränen begleiten einen durch
die gesamte Geschichte, von der ersten bis zur letzten Seite.
Nein, der Roman ›Stadt ohne Licht‹ ist kein Lesestoff für zart
besaitete Gemüter, die nur eine harmlose Gute-Nacht-Bettlektüre
erwarten. Dafür ist dieses Buch zu tiefgründig und mitreißend
geschrieben. Wer aber schon jetzt mit Marie und der Familie Leon gelebt,
geliebt und gelitten hat, kann sich deren Magie auch weiterhin nicht
entziehen – und wird wissen wollen, wie es mit ihnen weitergeht. Eine
neue Betrachtung auf viele Dinge ist einem allemal sicher.
Nach
Beenden dieses Bandes von ›Stadt ohne Licht‹ Band 1 bleibt auch
mir als Lektorin diese Spannung erhalten, und so freue ich mich schon
jetzt darauf, im neuen Buch weiter von Seite zu Seite mit den Leons
mitzufiebern. Wer wohl möchte nicht wissen, wie sich das Leben in dieser
Geschichte auch in Zukunft gestaltet?
Auf
jeden Fall lohnt es sich sehr, dieses Buch zu lesen, auch wenn es mit
der wohlmeinenden Nachtruhe unweigerlich vorbei ist!
Gabriele Günther
Lektorin

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